Erfahrungen und Schlußfolgerungen

 

Die Kognitionswissenschaften formulieren mit ihren Gestaltgesetzen angeborene Eigenschaften unserer Sinneswahrnehmung. Melodien sind Gestalten. 

 

Das bedeutet insbesondere: Wir hören eine Melodie immer als dieselbe Melodie, unabhängig davon, ob sie gesungen oder von einem Instrument gespielt wird, und unabhängig davon, wie hoch oder tief, wie laut oder leise, wie schnell oder langsam sie erklingt. 

 

Melodien sind transpositionsunabhängig oder – einfach ausgedrückt – einer Melodie ist egal, ob sie in C-Dur, Es-Dur oder A-Dur gesungen wird. Die Tonarten sind von Bedeutung beim Erlernen eines Instrumentes, nicht aber für die Wahrnehmung und das Singen.

 

Die Erkenntnisse der Gestalt-Theorie als Teil der Kognitionswissenschaft werden nach meinem Eindruck leider kaum genutzt, um den Begriff des Musik-Verstehens (Audiation) genauer einzugrenzen und daraus Schlußfolgerungen für die Pädagogik zu ziehen.

Da liegt ein vielversprechendes Forschungsfeld brach.

 

Am Anfang der Gestalt-Forschung steht die Arbeit   „Über Gestaltqualitäten“ von Christian von Ehrenfels. Darin erklärt er u.a.am Beispiel der Melodie des Liedes „Muß i denn, muß i denn zum Städtele hinaus“ den Begriff Gestalt und formuliert den häufig zitierten Satz: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“. Es lohnt sich auch heute noch, den Aufsatz zu lesen. 

 

https://phaenomenologica.de/wp-content/uploads/2019/02/CvEhrenfels_Gestaltqualitaeten.pdf

https://de.wikipedia.org/wiki/Gestaltpsychologie

 

Zwar definiert Gordon z.B. ein Rhythm Pattern als „two or more durations in a given meter that are audiated sequentially and form a whole”, er spricht also von einem Ganzen. Aber wenn man sich mit der Gestalttheorie beschäftigt hat, dann wird man wie ich der Meinung sein, daß die Gordonschen Patterns keine Gestalten sind. Jedenfalls nicht für die kindliche Wahrnehmung.

Und das erklärt die Schwierigkeiten mit der Gordon´schen Konzeption bei dem Versuch, sie in die Praxis umzusetzen.

 

Melodien sind transpositionsunabhängie Gestalten.

 

Das heißt: die Melodie bleibt die gleiche, egal von welchem Ton aus sie beginnt. Für die musikalische Früherziehung hat das die Konsequenz, daß man die die Töne mit Namen kennzeichnen sollte, die unabhängig von der absoluten Tonhöhe sind.

 

Genau dies leistet das Do Re Mi der relativen Solmisation und so macht es auch Gordon. 

Edwin Gordon hat den Grundgedanken der Solmisation auf die Rhythmik übertragen und eine Ryhtmussprache vorgeschlagen. Entschrechend dem Do für die Tönhöhe (als Grundton in Dur) belegt er den Grundschlag mit der Silbe Du, unabhängig vom Tempo und unabhängig davon, ob der Grundschlag binär oder ternär unterteilt wird. 

 

Diese Methode funktioniert tatsächlich hervorragend, wenn man mehrere der kleinen Rhythmus-Patterns zu klaren Gestalten zusammen bindet. Ich habe viele Jahre auf diese Weise gearbeitet – mit großem Erfolg. Die Methode gestattet gleichzeitig einne leicht verständliche Einführung in die Notenschrift, indem zunächst nur Rhythmen notiert werden. Die App rapDo! Ist eine unmittelbare Realisierung dieser Methode.

 

Wie werden Melodien wahrgenommen? 

 

Kinderlieder haben mehrere Strophen. Die Melodie auf einer neutralen Silbe wie „dum dum“ zu singen fällt nicht schwer und führt zu der kindgerechten Definition:

Melodie = Lied minus Text. Was dann übrig bleibt ist das Auf und Ab der Töne sowie deren rhythmische Gestaltung und zusammen ergibt das eine Form, die meistens direkt mit den  Gedichtzeilen des Textes korrespondiert

 

Pädagogisches Programm

Damit haben wir einen Überblick für ein pädagogisches Programm, so wie ich es vorschlage:

  1. Ausgangspunkt sind Kinderlieder. 
  2. Wir entfernen den Text, was dann zum Vorschein kommt ist die Melodie.
  3. Die Melodie ist eine Gestalt, die aus kleineren Gestalten zusammengesetzt ist.
  4. Die melodische Gestaltung erfassen wir mit Hilfe der Solmisation.
  5. Die rhythmische Gestaltung erfassen wir mit Hilfe der Rhythmus-Silben. 

Entscheidend für nachhaltiges Lernen:
Wiederholung und Feedback

 

 

Ein Vierjähriger tritt immer wieder gegen den Ball. Mal trifft er den Ball gut, mal weniger gut und manchmal gar nicht. Das Ziel ist klar: er will den Ball kontrolliert schießen. Dazu braucht der kleine Junge keinen Trainer, der die Schüsse ständig kommentiert. Ob der Schuß gut war oder nicht, das merkt das Kind selber. 

 

Die Wiederholung ist der Schlüssel für erfolgreiches Lernen.

Dazu braucht es ein klares Feedback.

 

Das bedeutet aber nicht unbedingt, daß eine Trainerin oder ein Trainer beim Lernen dabei sein muß.  Hier geht es ums „Töne treffen“.

Die Apps sind das Spielfeld und die Kinder hören selber, ob sie „getroffen“ haben oder nicht. (Voraussetzung ist, daß sie die Lieder gut kennen.)

 

Mit Hilfe von guiDo!, tabDo! und rapDo! können die Kinder ihre Versuche beliebig oft wiederholen und werden dabei selber merken, ob ihr Gehör besser wird. Die App hat Zeit  und Geduld und die Kinder erleben Feedback, wie es kommentierende Trainer (zu Hause, im Kindergarten oder in der Schule) nie geben könnten. So entwickelt sich ein dauerhaftes, zuverlässiges Tongedächtnis. 

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